Zinsplateau? Zinsgipfel? Inverse Zinskurve? 

Die Börsianer auf beiden Seiten des Atlantiks spekulieren gespannt, ob die Zentralbanken, vor allem die US-Notenbank, nun am Ende der Zinserhöhungen angekommen ist. Sowohl die EZB als auch die Federal Reserve haben den Leitzins im Juli noch einmal auf 4,25% bzw. die Spanne von 5,25-5,5% erhöht. In der letzten Federal Reserve Sitzung ließen die US-Notenbanker es offen, ob der Leitzins im September noch einmal erhöht werden würde. Man wolle die Daten bis dahin weiter beobachten hieß es. Im Juni stiegen die Verbraucherpreise um 3,2% im Vergleich zum Vorjahr – also noch immer über dem 2-Prozent-Ziel der Notenbank. Auch die EZB hat den "Autopiloten" ausgeschaltet und will für künftige Zinsentscheidungenn vor allem auf die Wirtschaftsdaten blicken. Im Euroraum liegt die Inflation mit 5,3% im Juli noch deutlich höher.

Dr. Ulrich Kaffarnik, Vorstand der DJE Kapital AG, erklärt die wichtigsten Themen und was diese Entwicklung für Anlegerinnen und Anleger bedeutet:

Haben wir nun ein Zinsplateau oder einen Zinsgipfel erreicht?

Die letzte Leitzinserhöhung brachte nicht mehr so viel Bewegung am langen Ende der US-Staatsanleihen wie erwartet, daher rechnet der Markt wohl eher nicht mit weiteren Erhöhungen. Aber prinzipiell wird sich die Notenbank an der Inflation orientieren, und die könnte in nächster Zeit wieder steigen. Zuletzt hat das US-amerikanische Schatzamt auch vermehrt kürzere Laufzeiten emittiert, was darauf hindeutet, dass längerfristig wieder niedrigere Zinsen erwartet werden. Ich glaube, die Rendite 10- jähriger US-Staatsanleihen wird sich eher seitwärts bewegen in nächster Zeit.

Was ist zurzeit attraktiver: Anleihen oder Aktien an den US-Märkten?

Prinzipiell kommt das natürlich immer sehr auf die individuellen Anlegerbedürfnisse und -ziele an, und natürlich gibt es auch große Unterschiede zwischen den Einzeltiteln. Zuletzt haben die Aktienmärkte von den neuesten Entwicklungen im Bereich künstliche Intelligenz profitiert. Rein von der Bewertung her kann man allerdings sagen, dass man zurzeit keine Risikoprämie für Aktien in der Breite des US-Marktes bekommt. Anleihen, seien es Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen, für die man teilweise 5,5% Zinsen bekommt, sind daher attraktiver.

Ist das Prinzip TINA ("There is no alternative", zu Deutsch: es gibt keine Alternative zu Aktien) eigentlich noch gültig?

Es hat sich mit dem gestiegenen Leitzins eigentlich alles komplett gedreht, daher würde ich tatsächlich sagen, es gibt inzwischen sehr viele Alternativen zu Aktien. Wir bei DJE investieren inzwischen beispielsweise auch massiv in Unternehmensanleihen. Dabei achten wir auch darauf, uns sukzessive in längeren Laufzeiten bei Staatsanleihen und Investment-Grade-Unternehmensanleihen zu bewegen. Bei High Yield Bonds bleiben wir weiter vorsichtig und investieren in kurze Laufzeiten.

Was sind die Aussichten für die Inflationsentwicklung? Bleibt es bei den rund 3% in den USA? Und werden die Notenbanken von ihrem 2-Prozent-Ziel abweichen?

Ich erwarte nicht, dass wir mittelfristig zu Inflationsraten zwischen 0% und 2% zurückkommen werden. Zwischen 3% und 4% ist realistischer. Inflationsraten von 7% wie es zum Beispiel in den 70er Jahren sollten aber auch nicht wiederkehren. Die Marke von 3% Inflation wurde in den USA früher als erwartet erreicht, aber ich glaube, dass diese eventuell dieses Jahr wieder steigen wird. Der Ölpreis verteuerte sich, und auch am Arbeitsmarkt kann es weiter zu Lohnerhöhungen kommen. Aber dass die Zentralbanken deshalb von ihren 2% Zielen abweichen werden, halte ich trotzdem im Moment für eher unwahrscheinlich. Der Markt erwartet ebenfalls keine dauerhaft hohe Inflation, da die Notenbanken sich zu stark dagegenstellen werden.

Sind die Credit Spreads, d.h. die Risikoaufschläge gegenüber hochwertigen Staatsanleihen, zu niedrig?

Historisch gesehen sind die Spreads eher gering. Der Markt preist derzeit eher ein sogenanntes Soft landing – also eine Abschwächung der Wirtschaft ohne eine Rezession ein. Der US-Präsident Biden will wohl ein Hard landing (eine Rezession) vermeiden im Hinblick auf den kommenden Präsidentschaftswahlkampf.

Die inverse Zinskurve deutet auf eine Rezession hin. Kommt diese nun? Wann normalisiert sich die Korrelation wieder?

Es wäre das erste Mal, dass auf eine inverse Zinskurve keine Rezession folgt. Wir haben daher eigentlich schon früher mit einer Abschwächung gerechnet. Falls die Rezession nun doch kommt, würde sich die Korrelation auch wieder normalisieren und die Rendite der kurzlaufenden Zinsen niedriger als die der länger laufenden Zinsen sein.

 

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